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Social Media wird immer wichtiger in der Nachwuchswerbung – Zuwachs bei Ausbildungsverträgen in SchwabenPraktikum – alles passt – Vertrag

Berat Gürlek ist ein wenig nervös. Nicht nur, weil heute am 2. September seine Ausbildung und damit ein neuer Lebensabschnitt beginnt, sondern weil er gleich an seinem ersten Tag auch noch von einem Journalisten interviewt wird. Aber der 16-Jährige legt die Nervosität schnell ab und erzählt davon, dass er einen sehr guten Start hatte. Sein Ausbildungsleiter, Hüseyin Köse, nahm ihn herzlich in Empfang, führte ihn durch alle Bereiche und Abteilungen des Autohauses Reichhardt in Augsburg-Haunstetten und stellte ihn allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor.

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Berat Gürlek mit Ausbildungsleiter Hüseyin Köse – „herzlicher Empfang“.

Boom bei Caravans hält an
Berat beginnt eine Ausbildung zum Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker in einer noch recht jungen Fachrichtung, der Caravan-Technik, die damit zum ersten Mal in Schwaben ausgebildet wird. Die neue Ausbildungsrichtung wurde vor allem wegen des Booms in der Caravan-Branche seit Corona eingeführt.
„Der Boom hält auch weiterhin an“, sagt Geschäftsführer Stefan Reichhardt, „deswegen können wir besonders in diesem Bereich junge talentierte Nachwuchskräfte brauchen.“ Es handle sich auch um einen sehr anspruchsvollen Ausbildungsberuf, so Reichhardt. Vor allem elektrotechnische Fähigkeiten sowie Schreiner-Kenntnisse für den Innenausbau seien wichtig.
Stefan Reichhardt freut sich darüber, dass es mit Berat Gürlek als neuem Azubi ganz schnell geklappt hat. Im Juli, also nur sechs Wochen vor Ausbildungsbeginn, machte Berat ein kurzes Praktikum bei Auto Reichhardt im Caravan-Bereich. „Ich bekam den Kontakt zum Ausbilder über einen Bekannten, machte zwei Tage Praktikum und es passte alles. Wir haben gleich den Vertrag für die Ausbildung unterschrieben und jetzt bin ich hier“, fasst Berat es kurz und knapp zusammen.

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"Ich bin dafür, dass an Mittelschulen bereits in der 7. Klasse mit der Berufsorientierung begonnen wird.“
Stefan Reichhardt, Geschäftsführer Auto Reichhardt GmbH

Internet wichtigste Quelle
Zuvor, während seiner Schulzeit an der Mittelschule, hatte Berat bereits die unterschiedlichsten Praktika absolviert, auch in Nicht-Handwerksberufen. Insgesamt fühlte er sich durch die Schule gut informiert beim Thema Berufswahl. Trotzdem kam es zur eher spontanen Entscheidung, weil die vorherige Stellensuche nicht die erwünschten Ergebnisse brachte. 
Berat informierte sich vor allem im Internet über verschiedene Ausbildungsberufe. An erster Stelle nennt er „Planet Beruf“, ein Angebot der Bundesagentur für Arbeit (www.planet-beruf.de). Und auch bei der Suche nach Ausbildungsstellen konzentrierte er sich auf das Internet, hauptsächlich über die Google-Suche und ein bekanntes Karriere-Portal. Facebook spielte für Berat überhaupt keine Rolle, auch auf Youtube suchte er nicht und sogar Instagram, obwohl er dort einen Account hat, ließ er links liegen. Seine Bewerbungen schickte er bei Interesse per Mail mit einer PDF-Datei.

Sozialer Faktor bedeutend
Auf die Frage, was ihm bei der Entscheidung für die Ausbildung wichtig war, kommt Berat auch gleich auf den Punkt: „Der Verdienst, die Weiterbildungsmöglichkeiten und die Arbeitszeiten.“ Wobei das Thema Vier-Tage-Woche, das ja oft bei der Diskussion über die sogenannte Generation Z im Mittelpunkt steht, für ihn überhaupt keine Rolle spielt.
Im weiteren Gesprächsverlauf kommt dann immer mehr heraus, dass das Arbeitsklima für Berat doch auch enorm wichtig ist. Bestätigt wird das dann durch die Tatsache, dass er gleich nach seinem Praktikum für das firmeneigene Fußballteam, den „FC Auto Reichhardt“, bei einem Turnier mitkickte. Sie erreichten einen hervorragenden dritten Platz unter 32 Teilnehmern.
Auch für Stefan Reichhardt und seinen Ausbildungsleiter Hüseyin Köse spielt der soziale Faktor in einem Unternehmen eine große Rolle. Neben der Firmen-Fußballmannschaft verfügt jede Abteilung über einen eigenen Grill. „Die Grills werden oft am Freitagmittag angeworfen und dann wird miteinander gefeiert“, sagt Stefan Reichhardt.
Reichhardt kann auch davon erzählen, dass man im Betrieb – gerade für junge Auszubildende – immer ein gutes Gespür und ein offenes Ohr haben sollte, auch für private Angelegenheiten: „Das kann die erste große Liebe sein, mit Schmetterlingen im Bauch. Oder auch Liebeskummer. Und da können Dinge manchmal schiefgehen. Es gibt eben auch Phasen, in denen es stark auf die menschliche Seite ankommt.“

„Lehrjahre keine Herrenjahre“
Reichhardts Vater Manfred, der beim Interview auch mit am Tisch sitzt, muss an dieser Stelle etwas schmunzeln. Der bald 80-Jährige hat in seiner Schul- und Ausbildungszeit natürlich noch ganz andere Dinge erlebt. „Ende der Fünfziger und Anfang der Sechziger waren das noch ganz andere Zeiten. Da musste man spuren und funktionieren. Ich habe in der Schule noch mit dem Rohrstock auf die Finger bekommen. Und für mein Berichtsheft in der Ausbildung habe ich für den Text und die technischen Zeichnungen jeden Sonntag drei bis vier Stunden investiert. Wenn das nicht picobello war, gab es Ärger“, erzählt der Seniorchef. „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“, hieß es damals sehr oft und es wurde auch am Samstag noch regulär gearbeitet. Die Fünf-Tage-Woche wurde erst ab Mitte der Sechziger eingeführt. An eine 38- oder gar 35-Stunden-Woche war damals gar nicht zu denken.
Heute sieht die Welt natürlich anders aus und die Betriebe müssen um neue Auszubildende kämpfen. Was die Nachwuchswerbung angeht, will Stefan Reichhardt verstärkt auf Social Media setzen. Dafür hat er eigens einen Werkstudenten für 20 Stunden pro Woche eingestellt. Julius Berg studiert Marketing an einer Fern-Uni. Er dokumentiert an diesem Tag auch das Interview für die DHZ, um es anschließend zu vermarkten. Auch eine Recruiting-Kampagne mit bezahlter Werbung im Internet hat das Unternehmen angestoßen. Die Werbetrommel muss eben immer stärker gerührt werden.

Berufsorientierung ausweiten 
Die Firma beteiligt sich darüber hinaus an Berufsinfoveranstaltungen an Schulen. Die Schulen sind für Stefan Reichhardt ein sehr wichtiger Faktor, Berufsorientierung an den Einrichtungen elementar. „Wir müssen die Akademisierung wieder zurückfahren und vor allem die Mittelschulen stärken. Das Handwerk muss hervorgehoben werden und die Kooperation zwischen Schulen und Handwerksbetrieben verstärkt werden“, fordert Reichhardt und wird konkret: „Ich bin dafür, dass an Mittelschulen bereits in der 7. Klasse mit der Berufsorientierung begonnen und die Vielfalt an Möglichkeiten und Karrierechancen vorgestellt wird. Auch an den Realschulen sollte früher damit
begonnen werden.“

Mehr Ausbildungsverträge
Leichte Hoffnung machen in diesem Jahr die etwas verbesserten Zahlen bei den Ausbildungsverträgen in Schwaben. Zum Start in das neue Ausbildungsjahr waren 3.260 neue Verträge abgeschlossen worden. Zum Vergleichszeitpunkt im letzten Jahr waren es 3.050 Verträge. Das bedeutet einen Zuwachs um sieben Prozent und gleichzeitig das größte Plus unter den bayerischen Kammerbezirken. Nach dem Corona-bedingten Einbruch wird mit den aktuellen Zahlen auch wieder das Niveau von 2019 erreicht. Derzeit laufen noch Nachvermittlungsaktionen der HWK.

Sascha Schneider

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